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11.09.2008
Quo Vadis Milcherzeugung!!??

Gedanken zum Milchmarkt von Karl Watermann, BDM-Kreisverband Borken

Der Milchmarkt stellt sich derzeit wie folgt dar:

  • Weltweit ist das Angebot an Milch schneller gestiegen als dieNachfrage.
  • In der EU ist das Milchaufkommen auch aufgrund der Quotenerhöhungebenfalls gestiegen.
  • Die Nachfrage nach Milchprodukten ist in Europa und in Deutschlandzurückgegangen.
  • Die meisten europäischen Molkereien zahlen zur Zeit weniger aus als die deutschen Molkereien.


Viele Molkereien in den Nachbarländern haben im Juni 2008 ihrenAuszahlungspreis um 2-3 Cent senken müssen. Friesland / Niederlande lag im Juni schon unter 30 Cent, die belgische Micobel rutschte um über 3 Cent auf noch 30,67 Cent ab, Arla senkte den Milchpreis in Dänemark um fast 2 Cent.

  • Vom Export kommen keinerlei Impulse, der hoheKurs des Euro lassen keine zufriedenstellenden Erlöse zu. Nach Aussage von Dr.Engel (Hochwald-Geschäftsführer) bringen Exporte in den Dollar- Raum derzeit 15Cent / kg weniger ein als Verkäufe im EU-Raum.
  • Die weltweiteKonjunktureintrübung lässt für die nahe Zukunft keine größeren Nachfragezuwächse erwarten.
  • Die USA haben innerhalb von 2 Jahren ihren Butterexport verachtfacht. Aufgrund des schwachen Dollars konnten sie somit die niedrige Nachfrage in den USA kompensieren . Im 1. Halbjahr 2008 sind die Butterexporteder EU im Vergleich zum 1. Halbjahr 2007 um 47 % gesunken, trotz höherer Milchanlieferung.
  • Ende September laufen dieTrinkmilchkontrakte aus. Ob der LEH seine Goodwill- Aktion fortsetzt, ist mehrals fraglich, schließlich sind die Folgekontrakte für Butter bereits mit 8%Preisnachlass (25 Cent / kg) abgeschlossen worden.
  • Soweit die Fakten, nachzulesen unter anderem im Landw. Wochenblatt Westf.- Lippe Ausgabe vom 21.08.08 auf Seite 14 und im MIR-Info Fax der LK NRW vom 14.08.08. Dort ziehtDr. Theo Göbbel vom Referat Markt das Fazit: „Allesin allem sind die Marktaussichten in den kommenden Wochen und Monaten eherbescheiden- und damit auch die Erzeugerpreise.


Jetzt folgen die ganz persönlichen Gedanken des Autors zu dieser Ausgangslage:


Wenn es nicht gelingt, auf welche Weise auch immer, die Milchmengeschnellstens an die geringere Nachfrage anzupassen, werden dieAuszahlungspreise zum Ende des Jahres nicht steigen, sondern sinken, eventuell bis auf 28 Cent!

Das ist jetzt keine Panikmache sondern wird von mir folgendermaßen begründet:

  1. Weder vom Weltmarkt noch vom europäischen Markt ist ein verbesserter Absatz und damit höhere Preise zu erwarten.
  2. Gleichzeitig steigt das Milchangebot in der EU aufgrund der 2% Quotenerhöhung.
  3. Nord- und Südamerika werden ihre Erzeugung noch nicht drosseln, da sie bei dem derzeitigen Dollarkurs noch sehr gut im Geschäft sind.
  4. Durch das doch recht ausgeglichene Klima in Europa ist die Futterversorgung der Kühe gesichert, stärkere Angebotseinbrüche wegen Futtermangel sind nicht zu erwarten.
  5. Die EU sichert immer noch über die Intervention ein Preisniveau von ca. 23 Cent ab. Exporterstattungen werden seit Juli 2007 nicht mehr gezahlt. Eine Wiederaufnahme der teuren Exporterstattungen ist noch lange nicht in Sicht. Die EU- Kommission erhöht nicht erst die Milchquoten, um dann die zusätzliche Milchmenge mit milliardenschwerem Aufwand zu exportieren. Aus Sicht der EU-Kommission war der Preisanstieg 2007 ein „Betriebsunfall“. Die Kommission hatte zu diesem Zeitpunkt kurzfristig keine Instrumente in der Hand, um den Anstieg zu verhindern. Die Interventionslager waren leer und die Quotenerhöhung konnte nicht schneller durchgeführt werden. Die Quotenerhöhung wurde dann zu einem Zeitpunkt durchgesetzt, als schon längst absehbar war wo sich der Milchpreis hinbewegte, nämlich abwärts. Das Ziel hat uns Herr Lars Hoolgaard, Mitarbeiter von Frau Fischer- Boel in Brüssel auf dem Symposium deutlich ins Mikrofon gebrüllt.


Ihr habt für 28 Cent gemolken und ihr werdet wieder für 28 Cent melken!


Angenommen, die 28 Cent würden Realität, welche Folgen hätte das?

  1. Die Lieferzeiten für Melkroboter werden sich deutlich verkürzen. Scherz beiseite: Die Investitionstätigkeit der Milchbauern würde drastisch zurückgefahren. Damit unterstützten wir den Konjunkturabschwung.
  2. Wir hätten dann den Preis aus dem Jahre 2006 wieder, aber noch nicht die Kosten. Auch wenn Kraftfutter und Diesel augenblicklich etwas günstiger geworden sind, andere Kosten steigen unaufhaltsam weiter: Der Preis für Düngemittel hat sich mehr als verdoppelt, neue und verlängerte Flächenpachtverträge sind deutlich im Preis angezogen, auch die Zinsen, ein wichtiges Betriebsmittel, sind angestiegen und auch alle anderen Dienstleistungen, die wir einkaufen (Handwerker, Ersatzteile, Baumaterial, Tierarzt usw.) sind deutlich teurer als noch 2006.
  3. Insgesamt sind die Kosten zwischen 2006 und 2008/ 2009 dann um mindestens 6 Cent, in vielen Betrieben auch deutlich mehr, angestiegen. Bei einem gleich hohen Milchpreis wie 2006 dürften dann spätestens im Frühjahr 2009 die ersten Betriebe wieder in große Liquiditätsschwierigkeiten hineinrutschen.
  4. Fragt mal bei unseren Zulieferern (Genossenschaften, Landhandel, Tierärzte, Lohnunternehmer) nach, wie viele Milchviehbetreibe Ende 2006 mit dem Bezahlen der Rechnungen nicht nachkamen! Genau an diesem Punkt stehen viele Milchbauern dann wieder, viel schneller als sie sich das vorstellen können.

 

Fazit:

Falls dieses Szenario Wirklichkeit wird, brauchen wir nicht mehr auf 2015 warten, bis ein dann vielleicht „freier Markt“ für einen Strukturbruch(nicht Strukturwandel) in der deutschen und europäischen Milchwirtschaft sorgt.Dann beginnt der Strukturbruch bereits 2009 und es wird viele treffen, diejetzt noch meinen zu den Zukunftsbetrieben zu gehören. Bevor sich dieWachstumsbetriebe über fallende Quotenpreise freuen: Aufpassen, erst rechnen:Wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt, stürzt zuerst ab!

Aber:

Es muss nicht so weit kommen, noch können wir das Steuer herumreißen,wenn wir es wollen. Wir müssen nur alle Möglichkeiten der Mengenreduzierung in Angriff nehmen und nicht nur halbherzig Kosmetik betreiben. Wer sich bei dieser Marktlage noch einer wirksamen Mengenregulierung verschließt, kann schon in Kürze in gewaltig große Erklärungsnot kommen.


Die Zeit ist reif für eine flexible Mengensteuerung, wenn nicht jetzt, wann dann?


Gez. Karl Watermann
Einwände gegen diese Ausführungen bitte direkt an den Autor unter:
Tel.: 0 25 66 96 707 oder 0170 38 30 860